120 Jahre Technischer Cartell-Verband TCV

120 Jahre Technischer Cartell-Verband TCV

Festvortrag am 23.09.2023 anlässlich der 88. Cartellversammlung des TCV in Frankfurt a.M.

 

Meine sehr verehrten Damen,

liebe Cartellschwestern, liebe Cartellbrüder,

Zunächst herzliche Glückwünsche unserer KDStV Hassia in Frankfurt zu Ihrem 65 Stiftungsfest und unserem Technischen Cartell-Verband zu seinem 120-jährigen Gründungsjubiläum.

120 Jahre TCV – was für ein herausragendes, ja außergewöhnliches Jubiläum.

Im Jahre 2004 durfte ich das 100 jährige Gründungsjubiläum in Bingen mitfeiern und war damals schon begeistert… und nun …nun stehe ich 20 Jahre später hier und freue mich, Ihnen und Euch meine Gedanken zu diesem besonderen Fest überbringen zu dürfen.

„In unitate firmitas – Festigkeit in der Einheit“ – so lautet der Wahlspruch unseres Verbandes und ich darf bestätigen, dass wir in all den Jahrzehnten immer fest zusammenstanden.

Seit der Gründung hat sich viel in unserem Land verändert:

die Hochschulausbildung

die Gesellschaft

die technische Entwicklung

die Art unserer jungen Generation zu leben,

doch eines ist in unserem Verband immer geblieben:

Die Freundschaft und Kameradschaft unter unseren Mitgliedern, unseren Cartellgeschwistern. Dies ist meines Erachtens auch das Wichtigste in unserem Freundesbund.

Unser Technischer Cartell-Verband wurde im Jahre 1903 während des Katholikentages in Köln von unserer KTV Ripuaria Bingen und der KTV Unitas Strelitz gegründet.

Dies war notwendig geworden, da der Cartellverband, der CV, seinerzeit nicht bereit war, Studenten aus den Ingenieurschulen aufzunehmen. Sicher fragen sich Viele „warum“?

Die Ingenieurschulen waren 1903 nicht „akademisch“ anerkannt.

Um an einer Ingenieurschule studieren zu können, war das Abitur keine zwingende Voraussetzung.

Seit damals hat sich im Laufe der Jahrzehnte sehr viel verändert.

Es gab etliche Reformen bis hin zum Bachelor und Master im Bolognaprozess vor knapp 25 Jahren. Heute sind das alles akademische Abschlüsse.

120 Jahre TCV  - Es war eine Zeit mit vielen Höhen und Tiefen in unserer Gesellschaft, unseren Verbindungen und unserem TCV.

Der traurigste Zeitpunkt war die erzwungene Auflösung unseres Verbandes durch den Himmler-Erlass vom 20. Juni 1938.

13 Jahre später, 6 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde im Jahre 1951 unser TCV wieder begründet.

Im gleichen Jahr hat unser Verband auch mit anderen Verbänden den zbi, den Zentralverband der Ingenieurvereine Deutschlands, mitbegründet.

Natürlich kann ich heute nicht alle großen Ereignisse unseres Verbandes aufzählen, aber einige Highlights möchte ich doch in Erinnerung rufen.

Sicherlich erinnert sich der Eine oder Andere von Euch noch an unsere aktiven 70er Jahre des letzten Jahrhunderts:

1972 wurde das Verbändeabkommen mit dem CV unterzeichnet.

1974 gründete der TCV zusammen mit anderen Verbänden „Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Studentenverbände – AGV.

Und schließlich, das aus meiner Sicht größte Ereignis in unserer 120-jährigen Verbandsgeschichte:

1975 gründeten wir am 15. November in Salzburg zusammen mit dem MKV, dem Mittelschüler Kartellverband Österreichs, den Europäischen Kartellverband – EKV.

Heute, 48 Jahre später, gehören dem EKV Kooperationsverbände aus 14 europäischen Staaten an. Er hat weitere Vertretungen u.a. in Japan. Der Europäische Kartellverband hat derzeit 100.000 Mitglieder.

Vor 6 Wochen nahm ich an der Tagung des EKV auf der Fraueninsel im Chiemsee teil und darf im Auftrag der Delegierten der Verbände herzlich grüßen und die besten Glückwünsche zum 120-jährigen Jubiläum überbringen.

1986 gründete ich mit Cartellbrüdern unseres TCV am 15. März in Bamberg unsere Bildungsakademie. Die Gründungsveranstaltung fand mit dem Bamberger Oberbürgermeister im Rokokosaal des alten Rathauses statt.

Die Bildungsakademie unseres TCV ist ein eigener gemeinnütziger eingetragener Verein, dessen Zielsetzung die Bereiche

Forschung und Wissenschaft

Bildung und Erziehung

Völkerverständigung und Einigung Europas

beinhaltet.

Bildungsreisen in und aus den verschiedensten Bereichen verbunden mit einem gesellschaftlichen Aspekt erfüllen und erfüllten in den vergangenen Jahren diese Zielsetzung.

Jeder kann bei der Bildungsakademie Mitglied werden und ich lade Euch ein, auch Mitglied in dieser Gemeinschaft zu werden. 2022 besuchten wir Mainz. In diesem Jahr waren wir 5 Tage in Hamburg und haben viel gesehen und erlebt.

Im Jahre 2024 ist die Bildungsreise verbunden mit dem 100. Stiftungsfest unserer KDStV Markomannia und der KDStV Burgundia in Mannheim für die Zeit vom 23. bis 26. Mai.

In der Planung ist unter anderem ein Besuch bei der BASF.

Unser Verband bekennt sich zu den Grundsätzen „Religion, Wissenschaft und Freundschaft“

Damals wurden wir als katholischer Männerbund gegründet.

Heute nehmen unsere Verbindungen entsprechend der Beschlüsse auf Cartellversammlungen auch evangelische Christen und auch Damen auf. Wir sind also offener und freier geworden.

Der TCV hatte ursprünglich bundesweit 42 Mitgliedsverbindungen. Leider gehören unserem Bund nur noch 15 Verbindungen an, von denen nur noch wenige Aktive, also Studierende haben.

Aber: –  2018 konnte die erste Verbindung mit dem Sitz in Österreich, unsere CESTV Europa in den TCV aufgenommen werden, so ganz im Sinne unseres EKV.

Zahlen und Fakten habe ich Ihnen und Euch erzählt…doch ist das alles, was man an einem solchen Jubiläum berichten soll?

Schauen wir doch alle einmal zurück – Viele von Euch heute abend, ja die meisten, sind nicht zum ersten Mal bei einer solchen Veranstaltung.

Ich selbst gehöre dem Verband seit mehr als 50 Jahren an. Viele wunderbare Veranstaltungen, Stiftungsfeste und Bildungsseminare habe ich erleben dürfen. Ich habe viele Cartellbrüder kennengelernt, mit denen mich heute eine Freundschaft verbindet. Ich war bei vielen Cartellversammlungen dabei und durfte mit Freude unseren Verband mitgestalten.

Für mich ist und war unser TCV Teil meines Lebens und meines Lebensinhaltes. Viele von Euch erinnern sich sicher noch an unsere Treffen in Vallendar in den 70er und 80er Jahren, an Cartellversammlungen in Regensburg und Köln und heute hier in Frankfurt.

Die, die wir heute da sind, leben, ja lieben unseren Verband und unsere Verbindungen und stehen zu ihnen.

Es ist mir an einem solchen Tag und Ereignis wie diesem ein großes Bedürfnis, allen die sich für unseren TCV in all den Jahren und Jahrzehnten eingesetzt und mitgearbeitet haben, ein ganz herzliches „Danke“ zu sagen. Was wäre der TCV ohne Euch!

Und doch darf am Schluss meines Vortrages auch ein Blick in die Zukunft nicht fehlen. Wie geht es weiter, wie soll es weiter gehen oder geht es überhaupt weiter?

Freilich steht an erster Stelle, unsere Freundschaft zu allen Cartellgeschwistern weiter zu pflegen. Doch genügt das?

Viele Mitglieder unserer Verbindungen sind nicht mehr jung. Es fehlt die Jugend! Warum?

Es hat sich in unserer Gesellschaft und auch im Studium so viel verändert, dass es sehr schwierig ist, junge Menschen für unsere Bünde und damit für den TCV zu gewinnen.

Da ist die moderne Technik, vor allem das Handy und damit die ständig mögliche Kommunikation, scheinbar ein Hindernis sich an unsere Verbindungen zu binden.

Viele unserer Studierenden haben ein Auto und sind damit viel ungebundener als wir zu unserer Zeit. Dies gilt sicher nicht für alle.

Doch die junge Generation scheint damit nicht zu erkennen was es bedeutet einem solchen Bund anzugehören.

Man kann darüber denken, wie man will, doch kommt man an solchen Überlegungen nicht vorbei.

Ist eine Verbindung heute noch zeitgemäß? Meiner Überzeugung nach „ja“!

Was bedeutet das für unseren TCV?

Die Jugend ist wie in allen Bereichen unseres Lebens auch für uns und unsere Verbindungen unsere Zukunft. Wir müssen offen und beweglich sein. Wir müssen auf unsere jungen Mitglieder zugehen, sie fördern und unterstützen in der Hoffnung, dass es ihnen gelingt, junge Studierende für unsere Bünde zu gewinnen.

Vergessen wir nicht, dass wir den EKV gegründet haben und Mitglied dieses großen Verbandes sind. Er bietet unseren jungen Leuten so viele Veranstaltungen und Seminare. Insofern wäre es gerade für die Zukunft unseres TCV – auf die ich hoffe – notwendig, dass wir nach Wegen suchen, im EKV mitzuarbeiten, so wie wir dies heute mit Überzeugung tun.

Uns sollte es gelingen auch neue, vielleicht junge Verbindungen unserem TCV zuzuführen und ihn damit zu stärken und in die Zukunft zu führen. Auch hier gilt noch einmal, wir müssen beweglich sein und dürfen nicht an allem Alten kleben.

Wenn uns dies nicht gelingt, oder wir – vielleicht aus Altersgründen – dies nicht wollen, so werden wir kein so großes Jubiläum im TCV mehr feiern können.

Schauen wir also nach vorne, bemühen wir uns auf der Suche nach einem guten und gangbaren Weg und vergessen wir unsere Freunde im TCV nicht.

Ich wünsche uns allen einen schönen Abend.

Mit herzlichem und überzeugtem „vivat-crescat-floreat ad multos annos“!

 

Hans-Wolfgang Graf

Vorsitzender der Bildungsakademie des TCV

Michelsberg 4, 96049 Bamberg